Podcast#208 – Die Vaterwunde! Ihre Auswirkungen auf Beziehungen und Weiblichkeit
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Die Vaterwunde ist ein tiefverwurzeltes, emotionales und psychisches Trauma, das durch die Abwesenheit, Vernachlässigung oder negativen Einfluss eines Vaters verursacht wurde. Sie beeinflusst viele Bereiche des Lebens, insbesondere Beziehungen und die Wahrnehmung der eigenen Weiblichkeit. Die sogenannte „Vaterwunde“ beschreibt die tiefen, emotionalen Narben, die durch solche Erlebnisse entstehen können. Diese Wunden beeinflussen nicht nur die Art und Weise, wie Frauen ihre Beziehungen gestalten, sondern auch ihr Verständnis und ihre Akzeptanz der eigenen Weiblichkeit. Ich möchte mit dir dieses Thema tiefer beleuchten, wie die Vaterwunde das Leben von Frauen prägen kann und welche Schritte zur Heilung beitragen können.
In der heutigen Podcastfolge bespreche ich mit dir unter anderem:
- Welche Auswirkungen hat die Vaterwunde?
- Wiederholungsschleife der Kindheit
- Was kann ich tun?
Eine gesunde Vater-Tochter Beziehung
Eine gesunde Beziehung zwischen Vater und Tochter bildet eine starke Grundlage für das emotionale, soziale und psychische Wohlbefinden der Tochter. Der Vater ist sowohl körperlich als auch emotional präsent im Leben seiner Tochter. Er zeigt Verständnis und Mitgefühl für die Gefühle und Erfahrungen seiner Tochter. Außerdem erkennt er die Fähigkeiten und Leistungen an und feiert ihre Erfolge. Er ermutigt sie, ihre Interessen und Talenten zu verfolgen und unterstützt ihre Ziele und Träume. Es herrscht eine sichere Atmosphäre, indem eine offene und ehrliche Kommunikation gepflegt wird. Die Tochter fühlt sich sicher, ihre Gedanken und Gefühle zu teilen.
Der Vater zeigt seiner Tochter, dass er ihr vertraut, was gleichzeitig ihr Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl stärkt. Er respektiert ihre Meinungen, Entscheidungen und Grenzen, auch wenn er anderer Meinung ist. Die Tochter wird ihr Vater als positives männliches Vorbild wahrnehmen, da Werte wie Respekt, Verantwortung und Integrität verkörpert werden. Er zeigt durch sein Verhalten und seine Worte, dass Frauen und Männer gleichwertig sind. Eine gesunde Vater-Tochter Beziehung wird dadurch geschaffen, da der Vater ein sicheres und stabiles Umfeld bildet, in der sich die Tochter geschützt und geliebt fühlt. Er ist zuverlässig und hält seine Versprechen, was das Vertrauen und die emotionale Sicherheit stärken. Die Unabhängigkeit seiner Tochter wird gefördert, indem er ihr erlaubt, eigene Entscheidungen zu treffen und aus Fehlern zu lernen.
Der Grundstein für das Verständnis von Beziehungen und Weiblichkeit
Eine gesunde Vater-Tochter Beziehung legt den Grundstein für das spätere Leben der Tochter, insbesondere für ihre Beziehungen zu anderen Männern und ihr Selbstverständnis als Frau. Hat die Frau als junges Mädchen erlebt, dass ihr Vater zuverlässig war und sie regelmäßig Qualitätszeit miteinander verbracht haben, stärkt das die emotionale Bindung. Durch emotionale Unterstützung, Respekt und Vertrauen kann der Vater dazu beitragen, dass seine Tochter zu einer selbstbewussten, starken und erfüllten Persönlichkeit heranwächst. Wie sehr hätten wir uns genau das von unserem Vater gewünscht?!
Ich selbst habe genau das Gegenteil erlebt. Die emotionale Nichtverfügbarkeit meines Vaters, hatte tiefgreifende und langfristige Auswirkungen auf mein Leben. Statt in einer sicheren Umgebung aufzuwachsen, erfuhr ich körperliche Gewalt und Übergriffe. Meine Gefühle konnte ich nicht offen kommunizieren, denn dafür erfuhr ich harte Bestrafung. Meine Persönlichkeit wurde dahingehend geformt, genau so zu sein, wie es für meinen Vater und auch für meine Mutter auszuhalten war. Aus diesen Erfahrungen entwickelte ich ein geringes Selbstwertgefühl und fühlte mich ungeliebt. Erfolgten nicht die schulischen Leistungen wie vorgegeben, waren Liebesentzug und Abwertungen die Konsequenz.
Negatives Frauenbild durch die Vaterfigur
Die Unsicherheit bezüglich der eigenen Weiblichkeit kann verstärkt werden, wenn die Anerkennung und Bestätigung durch den Vater fehlen. Ich bekam keinerlei Rückmeldung von meinem Vater, dass ich hübsch bin oder dergleichen. Das Gegenteil war der Fall. Ich wurde in den Vergleich mit meiner Schwester gebracht, was die Eifersucht unter uns Geschwistern so richtig entfachte. Sie war die Vorzeigetochter, ich das hässliche Entlein. Mein Vater sagte mir auch immerzu, wie sehr er sich für mich schämen würde. Meine Eltern hatten sich so sehr einen Jungen gewünscht, was sie mir tagtäglich unter die Nase rieben. So entwickelte ich ein völlig verzerrtes und negatives Selbstbild und schlussfolgerte daraus, dass ich nicht richtig bin, so wie ich bin. Ich lechzte förmlich nach der Liebe meines Vaters und schlüpfte in die Rolle eines Jungen, um irgendwie zu gefallen.
Mir wurde deutlich aufgezeigt, wie eine Frau für meinen Vater sein müsste. Auch meine Mutter wurde immer wieder von ihm abgewertet, was meine Angst noch weiter schürte. Groß mussten die Frauen sein. Bestimmte Maße haben und willig. Gleichzeitig wurde mir vermittelt, dass die Frau nichts wert ist, was ich durch übermäßige Leistungen versuchte, auszugleichen. Schrieb ich gute Noten, bekam ich zumindest ein Mindestmaß an Aufmerksamkeit. Ein kurzes Lächeln, ein „gut gemacht.“ Die emotionale Nichtverfügbarkeit eines Vaters kann so tiefgreifende und weitreichende Auswirkungen auf das Leben einer Tochter haben.
Zwanghafte Wiederholung der Kindheit
Unverarbeitete Traumata werden so lange wiederholt, bis sie erkannt, aufgearbeitet und befriedet werden. Die Wiederholung von Mustern ist ein Versuch des Unterbewusstseins, die ursprüngliche Verletzung zu verstehen und zu heilen. Unbewusst reagieren wir in bestimmten Situationen auf eine Weise, die ihre ursprünglichen Verletzungen widerspiegelt. Man findet sich oft wiederholt in ähnlichen Situationen wieder, die die ursprünglichen Traumata widerspiegeln, in der Hoffnung, dass man dieses Mal die Kontrolle übernehmen und eine andere, heilende Erfahrung machen kann. Eine Frau, die unter der Vaterwunde leidet, könnte sich unbewusst zu Partnern hingezogen fühlen, die ähnliche emotionale Muster wie der Vater aufweisen. Dies geschieht, weil das Bekannte – auch wenn es schmerzhaft ist – eine gewisse Sicherheit bietet.
Sie könnte immer wieder Beziehungen eingehen, in denen sie die gleichen Arten von Ablehnung, Vernachlässigung oder emotionale Distanz erlebt, wie sie es mit ihrem Vater erlebt hat. Der erste Schritt zur Heilung besteht darin, sich über wiederkehrende Muster bewusst zu werden. Deshalb predige ich ja auch hier mit Engelszungen, dass es nicht so viel Sinn macht, sich ewig lang am Thema Narzissmus aufzuhalten. Viel wichtiger und wertvoller ist es, auf sein eigenes Verhalten und Reaktionen zu blicken, um dieses in der Tiefe auflösen zu können. Erst dann werden wirklich neue Erfahrungen gemacht. Es braucht einen sicheren Rahmen und Raum, wo du weder Ablehnung noch Abwertung erfährst. Ein Coach oder Therapeut können hier eine sichere Stütze sein.
Selbstreflexion zur Aufdeckung der Vaterwunde
Selbstreflektion ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Heilung einer Vaterwunde. Ich möchte dir nun einige Fragen mit an die Hand geben, die dir helfen können, tiefere Einsichten in die Gefühle, Verhaltensmuster und die Auswirkungen der Vaterwunde auf dein Leben zu gewinnen. Nimm dir bitte ausreichend Zeit, um dich mit folgenden Fragen zu beschäftigen. Wenn Gefühle hochkommen, drücke sie bitte nicht weg, sondern lass sie da sein, fließen, damit du dir einen sicheren Raum schenkst, um deinen Schmerz anzuerkennen. Gefühle lösen sich nicht auf, wenn wir sie kognitiv verstehen. Sie möchten wahrhaftig angenommen und gefühlt werden.
Los geht’s! Wie war deine Beziehung zu deinem Vater in der Kindheit? Welche positiven und negativen Erinnerungen hast du an diese Zeit? Wie hast du dich gefühlt, wenn dein Vater anwesend oder abwesend war? Welche Emotionen kamen in seiner Gegenwart oder Abwesenheit auf? Hast du das Gefühl, dass dein Vater deine Gefühle und Bedürfnisse verstanden und respektiert hat? In welchen Situationen fühltest du dich unterstützt oder missverstanden? Wie haben unerfüllte Erwartungen deine Sicht auf dich selbst und deine Beziehungen beeinflusst? Wie hat deine Beziehung zu deinem Vater dein Selbstwertgefühl beeinflusst? Hast du Schwierigkeiten, dich selbst zu schätzen und zu akzeptieren? Fühlst du dich in deiner Weiblichkeit sicher und wohl oder gibt es Unsicherheiten?
Beziehungsmuster erkennen, die im Zusammenhang der Vaterwunde stehen
Weiter geht’s mit der intensiven Selbstreflexion: Versuchst du, durch Leistung oder in Beziehungen Anerkennung zu finden? Gibt es wiederkehrende Probleme oder Dynamiken, die an die Beziehung zu deinem Vater erinnern? Welche Ängste oder Bedenken halten dich davon ab, tiefere Bindungen einzugehen? Suchst du in deinen Beziehungen nach Anerkennung, die du von deinem Vater nicht erhalten hast? Suchst du in deinen Partnerschaften nach Sicherheit, die du in der Kindheit vermisst hast? Und letzte Frage: Welche Gefühle fallen dir schwer zu verarbeiten?
Wie erging es dir dabei, diese Fragen schriftlich zu beantworten? Was kam in dir hoch? Waren es Bilder und oder Emotionen?
Die Vaterwunde verarbeiten
Das Verarbeiten des Schmerzes, den die Vaterwunde verursacht hat, ohne das Verhalten des Vaters zu entschuldigen, erfordert eine Balance zwischen Mitgefühl für sich selbst, Vergebung und gesunden Grenzen. Es ist so wichtig seine eigenen Gefühle zu akzeptieren. Erkenne und benenne die Gefühle, die durch die Vaterwunde ausgelöst werden. Das können Trauer, Wut, Enttäuschung, Einsamkeit oder Angst sein. Erlaube dir diese Gefühle zu fühlen, ohne sie zu unterdrücken oder zu verurteilen. Dies ist ein so wichtiger Schritt zur Heilung. Bei mir kam vor einigen Wochen, ganz plötzlich und unerwartet das Gefühl von Ungerechtigkeit hoch. Das kleine Mädchen in mir, das sich Luft machen wollte und einfach nur noch rausschreien wollte: „Das ist so unfair, dass ich niemanden erzählen darf, was hier passiert.“ Erst jetzt, als erwachsene Frau, war ich in der Lage das zu tun und so gab ich mir selbst die Erlaubnis, das Gefühl von Ungerechtigkeit zuzulassen.
Ebenfalls von wichtiger Bedeutung ist, dass du eine mitfühlende innere Stimme entwickelst, die dir Trost spendet und dich daran erinnert, dass deine Gefühle legitim sind. Es ist okay, so zu fühlen, was du fühlst. Wichtig ist, dass du dich nicht länger dafür abwertest oder davor flüchtest. Gebe dir das, was du als kleines Mädchen so schmerzlich vermisst hast. Versuche zu verstehen, warum dein Vater sich so verhalten hat, wie er es getan hat. Möglicherweise hatte er selbst mit eigenen Problemen oder Traumata zu kämpfen. Hier gibt es einen wichtigen Unterschied. Verstehen bedeutet nicht, das Verhalten zu entschuldigen. Es geht darum, zu erkennen, dass sein Verhalten mehr über ihn als über dich aussagt.
Vergebung als Befreiung
Vergebung bedeutet, den Groll und die negativen Gefühle loszulassen, um dich selbst zu befreien. Es bedeutet nicht, das Verhalten zu billigen oder zu vergessen. Akzeptiere den Schmerz und die Verletzung, die dazu geführt haben. Teile deine Gefühle mit jemandem, dem du vertraust oder schreibe sie in einem Tagebuch auf. Übe dich darin den Groll und die negativen Gefühle loszulassen. Das kann durch Meditation, Gebet oder therapeutische Unterstützung geschehen. Setze klare emotionale Grenzen, um dich vor weiterem Schaden zu schützen. Dies kann bedeuten, den Kontakt zu reduzieren oder klare Regeln für Interaktionen festzulegen. Lerne deine Bedürfnisse und Grenzen zu kommunizieren und gegebenenfalls durchzusetzen. So wichtig.
Versuche die Vaterwunde als Teil deiner Lebensgeschichte zu sehen, die dich stärker und widerstandsfähiger gemacht hat. Nutze die Erfahrung, um persönliche Stärke, Selbstbewusstsein und Resilienz zu entwickeln. Das Verarbeiten der Vaterwunde, ohne das Verhalten des Vaters zu entschuldigen, erfordert eine bewusste Auseinandersetzung mit den eigenen Gefühlen, das Setzen von Grenzen und die Suche nach Heilung und Wachstum. Mit der richtigen Unterstützung und den richtigen Strategien kannst du den Schmerz loslassen und ein erfülltes, selbstbestimmtes Leben führen.
Von Herz zu Herz, deine Martina
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