Podcast#222 – Ich fühle mich unsichtbar – Was kann ich tun?
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Ich fühle mich unsichtbar und habe das Gefühl, immer wieder übergangen und übersehen zu werden. Wer hat das nicht schon einmal erlebt? Deine Worte werden überhört, deine Meinungen ignoriert, und es fühlt sich an, als wärst du unsichtbar. Dieses Gefühl kann erdrückend sein und nagt oft am Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl. Doch dieses Gefühl der Unsichtbarkeit ist weder ungewöhnlich noch unüberwindbar. Es gibt Wege, sich aus diesem Zustand zu befreien und sich selbst sichtbarer zu machen – nicht nur für andere, sondern vor allem für dich selbst. Ich möchte mit dir herausfinden, warum dieses Gefühl entsteht, welche Auswirkungen es haben kann und vor allem, was du aktiv tun kannst, um dich sichtbar zu machen. Du bist nicht allein, und es gibt Hoffnung.
In der heutigen Podcastfolge bespreche ich mit dir unter anderem:
- Der Ursprung unsichtbar zu sein
- So verstummte ich immer mehr, bis ich unsichtbar war
- Der Weg zu mehr Sichtbarkeit
Der Ursprung unsichtbar zu sein
Das Gefühl unsichtbar zu sein, kann aus verschiedenen Quellen und Erfahrungen stammen und oft tief in unserer Vergangenheit, in zwischenmenschlichen Beziehungen oder sogar in gesellschaftlichen Normen verwurzelt sein. Es ist wichtig zu verstehen, dass dieses Gefühl nicht einfach zufällig entsteht – es hat einen Ursprung, der mit der Art und Weise zusammenhängt, wie wir uns selbst und unsere Beziehungen zu anderen wahrnehmen. Der Ursprung des Gefühls der Unsichtbarkeit kann oft in der Kindheit liegen, insbesondere in der Beziehung zu den Eltern oder anderen Bezugspersonen. Kinder, die das Gefühl haben, nicht genug Aufmerksamkeit zu bekommen oder nicht gesehen zu werden, entwickeln möglicherweise ein geringes Selbstwertgefühl. Werden die Bedürfnisse des Kindes (emotional oder physisch) wiederholt ignoriert oder nicht erfüllt, kann das Kind für sich daraus schlussfolgern, nicht wichtig zu sein, eben unsichtbar. Kinder, die in einem Umfeld aufwachsen, in dem ihre Gefühle oder Beiträge ignoriert werden, können das Gefühl entwickeln, dass sie nicht wichtig sind oder dass es nicht lohnt, sich auszudrücken. Diese Erfahrungen können sich auf das gesamte Leben auswirken und zu einem anhaltenden Gefühl der Unsichtbarkeit führen.
Ein Trauma, sei es durch Verlust, Missbrauch oder eine andere schmerzliche Erfahrung, kann das Selbstbewusstsein und das Gefühl der Sichtbarkeit stark beeinträchtigen. Menschen, die traumatische Erlebnisse hatten, fühlen sich häufig isoliert und zurückgezogen, da sie das Gefühl haben, dass ihre Erfahrungen nicht verstanden oder anerkannt werden. Dies kann zu einem tiefen Gefühl der Unsichtbarkeit führen, besonders wenn sie sich von anderen unverstanden oder isoliert fühlen. Tiefe Einsamkeit begleitet uns dann oftmals ein Leben lang. Manchmal kommt das Gefühl der Unsichtbarkeit auch von inneren Blockaden oder Ängsten, die eine Person daran hindern, sich selbst auszudrücken oder präsent zu sein. Menschen, die an sozialer Angst, Angst vor Ablehnung oder mangelndem Selbstvertrauen leiden, können sich oft zurückhalten und vermeiden, im Mittelpunkt zu stehen. Diese Ängste blockieren oft den natürlichen Ausdruck und führen dazu, dass sich die betroffene Person unsichtbar fühlt.
Die Suche nach Antworten
Lange Zeit habe ich nicht verstanden, weshalb ich mich unter vertrauten Menschen, dennoch unsichtbar fühlte. Ich fühlte mich, wie das fünfte Rad am Wagen. Immer und immer wieder. Egal, wie sehr ich mich bemühte, wie hart ich arbeitete oder wie viel ich für andere tat, es schien nie genug zu sein. Menschen hörten mir nicht zu. Meine Meinungen blieben unbeachtet, meine Erfolge wurden abgetan. Es war, als hätte ich keine Stimme, als würde mein Dasein in den Augen anderer kaum zählen. Ich fragte mich: „Was mache ich falsch? Warum bin ich so unsichtbar?“ Ich habe diese Fragen lange mit mir herumgetragen, oft ohne wirklich eine Antwort zu finden. Stattdessen nagte das Gefühl an mir, nicht genug zu sein. Ich begann, mich zurückzuziehen, weniger zu sagen, weniger zu versuchen, weil es ja doch keinen Unterschied zu machen schien. Doch irgendwann kam ein Wendepunkt – ein Moment der Klarheit, der alles veränderte.
Ich wusste, dass ich nicht länger in dieser Leere bleiben konnte. Dieses Gefühl der Unsichtbarkeit hat mir zu viel genommen – Freude, Selbstbewusstsein, Lebensmut. Also begann ich tiefer zu graben. Ich las Bücher, sprach mit Freundinnen, suchte nach Mustern in meinem Leben. Aber vor allem begann ich, mich selbst zu fragen: „Warum fühlst du dich so?“ Es war keine leichte Reise. Die Antworten kamen nicht sofort, und manche waren schmerzhaft. Aber eines Tages, inmitten eines Gesprächs mit einer guten Freundin, fiel der Groschen. Wir sprachen darüber, dass sie ebenfalls so empfand wie ich. Und auf einmal ging bei mir alles auf und ich sagte:„Vielleicht haben wir das Gefühl, unsichtbar zu sein, weil wir uns selbst nicht sehen.“
So verstummte ich immer mehr, bis ich unsichtbar war
Es gab viele Momente in meinem Leben, in denen ich mich unsichtbar fühlte. An der einschneidende Momente habe ich mich erst in der jüngsten Vergangenheit erinnern können. Es fiel mir wie Schuppen von den Augen, als ich mich daran erinnerte und plötzlich machte so vieles Sinn. Als Jugendliche stand es an der Tagesordnung, dass die Polizei gerufen wurde, entweder weil mein Vater auf meine Mutter losging oder andersrum. Mit 13 oder 14 Jahren, bettelte ich die Beamten an, dass sie mich bitte mitnehmen sollen, damit ich Zuflucht in einem Heim finde. Doch sie überhörten immer und immer wieder meine Worte. Nichts passierte, bis ich aufgab und verstummte. Ich weiß noch, wie ohnmächtig ich mich in genau diesen Momenten fühlte.
Ein weiteres einschneidendes Erlebnis war die Berufsschule. Ich absolvierte eine Ausbildung zur Fachverkäuferin, was mir sichtlich Spaß und Freude bereitete. Auch der Unterrichtsstoff ging mir leicht von der Hand. Schrieben wir Arbeiten, konnte ich die Aufgaben binnen Minuten ausfüllen und die Arbeit abgeben. Meine Leistungen waren sehr gut, was in einem Notenspiegel mit Eins oder Zwei konnotiert wird. Es gab eine Lehrerin, die jedes Mal diesen einen Kommentar durch den Klassenraum rief: „Martina, glaube ja nicht, nur weil du wieder als Erste deine Klassenarbeit abgibst, dass du auch gleichzeitig die Beste bist.“ Diese Lehrerin beschämte mich vor der gesamten Klasse, was danach noch mehrmals vorkam. Das hatte für mich zur Konsequenz, dass ich meine Arbeit immer erst abgab, wenn zuvor mindestens ein Dutzend andere Schülerinnen ihre Arbeit abgegeben haben. Ich dimmte somit mein Licht und auch meinen Erfolg.
Die Konsequenz, wenn wir unser Licht dimmen
Nach all diesen Erfahrungen schämte ich mich so sehr für meine guten Leistungen. Meine Gesellenprüfung schloss ich mit Auszeichnung ab. Ich war Bremens Landessiegerin und bekam 1995 für diese Leistung 5.000 DM. Eine Stiftung verlieh damals diesen Preis. Die Übergabe dieser Auszeichnung erfolgte durch die Öffentlichkeit. Es wurde im Fernsehen ausgestrahlt. Anstatt, dass ich mich freute, unter den schlechten familiären Umständen, trotzdem so etwas Tolles erreicht zu haben, schämte ich mich stattdessen. Zu oft hörte ich in der Vergangenheit: „Du hältst dich wohl für was Besseres! Was glaubst du denn, wer du bist? Mein Gott, bist du arrogant!“ Diese Sätze brannten sich tief in mir ein und so sprach ich nicht mehr über meine Erfolge. Zu groß war meine Scham und die Angst vor Abwertung oder Ablehnung.
Ein paar Jahre später bewarb ich mich im Einzelhandel und der Verkaufsleiter fragte mich: „Sind das alle Zeugnisse, die sie vorzuweisen haben?“ Mit unsicherer Stimme antworte ich beschämt: „Nein, es gibt noch eine Auszeichnung als Bremens Landessiegerin der Gesellenprüfung.“ Es war mir mehr als peinlich, das auszusprechen, da ich auf keinen Fall als arrogant abgestempelt werden wollte. Der Verkaufsleiter machte mir mehr als deutlich klar, dass dieses Dokument in jede Bewerbung gehöre, da es auf meinen Stundenlohn enormen Einfluss hat. Am Ende bekam ich genau wegen dieser Auszeichnung fast drei Euro mehr an Stundenlohn. Erst vor einiger Zeit ist mir klar geworden, wie sehr ich über all die Jahre mein Licht dimmte, aus Angst kritisiert zu werden oder irgendwelche Hatersprüche zu kassieren.
Die Kindheit und Jugend waren meine Prägungen der Unsichtbarkeit
Mein Durchbruch nahm so richtig Fahrt auf als ich begann, auf meine Kindheit und Jugend mitfühlend zu schauen. Ich erinnerte mich daran, wie oft ich damals übersehen wurde. Es waren mal kleine Momente, dann wiederum auch sehr dramatische Ereignisse – jedoch wiederkehrende Momente. Erwachsene, die meine Meinung belächelten. Situationen, in denen ich das Gefühl hatte, erst perfekt sein zu müssen, um Aufmerksamkeit zu verdienen. Vergleiche mit anderen Kindern, bei denen ich immer den Kürzeren zog. Diese Muster hatten sich tief in mir verankert. Sie hatten mich gelehrt, dass ich hart arbeiten muss, um gesehen zu werden, und dass es sicherer ist, nicht aufzufallen, um nicht kritisiert zu werden. Kein Wunder, dass ich mich auch als Erwachsene oft unsichtbar fühlte – ich lebte nach alten Regeln, die mich klein hielten.
Der Moment, in dem ich diese Muster erkannte, war zugleich befreiend und schmerzhaft. Es tat weh zu sehen, wie ich mich selbst im Stich gelassen hatte, wie ich mich an die Vorstellungen anderer angepasst hatte, statt meinem eigenen Wert zu vertrauen. Aber es war auch ein Moment voller Hoffnung. Denn jetzt, da ich den Ursprung meines Gefühls verstanden hatte, wusste ich, dass ich etwas verändern konnte. Ich musste lernen, mich selbst wieder wahrzunehmen. Mich selbst zu sehen, so wie ich wirklich bin – mit all meinen Stärken, Schwächen, Träumen und Ängsten. Ich erkannte, dass meine Unsichtbarkeit nicht von außen überwunden werden konnte. Es musste in mir beginnen. Nach diesem Moment der Erkenntnis begann ich kleine Schritte zu unternehmen, um mich wieder mit mir selbst zu verbinden.
Der Weg zu mehr Sichtbarkeit
Die eigene Sichtbarkeit anzugehen, ist keine einmalige Sache, sondern ein Prozess, der über Monate bis Jahre gehen kann. Dennoch möchte ich dir Mut machen, dass sich jeder noch so kleine Schritt lohnt. Ich erkannte, dass der Vergleich mit anderen, mich immer nur weiter von mir selbst entfernt hatte. Also begann ich, mich auf meine eigenen Fortschritte zu konzentrieren – egal, wie klein sie waren. Und in Zeiten von Social Media, ist jeder Tag eine kleine Herausforderung. Früher hatte ich meine Meinung oft zurückgehalten, aus Angst abgelehnt zu werden. Jetzt wagte ich es, meine Stimme zu erheben – auch wenn es zunächst zögerlich war. Ein Nein auszusprechen, fiel mir unfassbar schwer. Ich probierte es mit folgenden Sätzen: „Ich habe gerade keine Kapazitäten, aber ich helfe dir gern ein anderes Mal.“ Oder: „Das passt für mich gerade nicht. Lass uns einen anderen Weg/Termin finden.“
Manchmal liegt das Problem weniger bei uns selbst, sondern bei den Menschen, mit denen wir uns umgeben. Suche gezielt nach Menschen, die dich wertschätzen und ermutigen. Toxische Beziehungen werden das Gefühl unsichtbar zu sein verstärken. Narzissten sehen dich nicht als Mensch, sondern nur deine Funktionalität. Was hast du zu geben? Nur das zählt für Narzissten. Um die Wunde der Unsichtbarkeit zu heilen, ist es von großer Bedeutung, sich von solchen Beziehungen fernzuhalten. Halte dich im Idealfall von Menschen fern, die dich ständig kleinreden oder ignorieren. Sichtbarkeit bedeutet, gesehen zu werden – und das erfordert Mut. Wage es, dich Schritt für Schritt aus deiner Komfortzone zu bewegen und Neues auszuprobieren. Traue dich jeden Tag mehr auf andere Menschen zuzugehen. Melde dich freiwillig, wenn es um neue Projekte oder Aufgaben geht. Probiere einen neuen Kurs oder ein Hobby aus, bei dem du Menschen kennenlernen kannst. Sage in einem Gespräch deine Meinung, auch wenn du nervös bist. Lass deinen Anpassungsdruck mehr und mehr los.
Werde dir über deiner Superkraft und Stärken bewusst und stärke dein Selbstwertgefühl
Meine Superkraft ist z.B meine Empathie. Diese macht es mir möglich, mich in jede noch so schmerzliche Situation oder auch in freudige Momente und Menschen hineinzufühlen. Die Menschen, die sich mit mir umgeben, fühlen sich in der Regel von mir gesehen, verstanden und mitfühlend versorgt. Es gibt natürlich auch bei mir Tage, an denen ich nicht in meiner Kraft bin. Werde dir über deine Stärken bewusst und versuche nicht die ganze Zeit, irgendwelche Schwächen auszugleichen. Oft übersehen wir unsere eigenen Fortschritte und Erfolge. Doch jede kleine Veränderung zählt und verdient Anerkennung. Schreibe jeden Tag auf, was dir gut gelungen ist. Belohne dich selbst, wenn du eine Herausforderung gemeistert hast, z. B. mit einem schönen Abendessen oder einem entspannten Abend.
Deine Körpersprache hat einen großen Einfluss darauf, wie andere dich wahrnehmen. Wenn du unsicher wirkst, kann es sein, dass Menschen dich übersehen. Halte Augenkontakt, wenn du mit jemandem sprichst. Stehe aufrecht, mit erhobenem Kopf und Schultern zurück. Vermeide es, dich klein zu machen, etwa durch verschränkte Arme oder einen gesenkten Blick. Menschen können deine Bedürfnisse und Wünsche nicht erraten. Oft fühlen wir uns unsichtbar, weil wir unsere Anliegen nicht klar genug kommunizieren.
Sage klar, was du möchtest, anstatt darauf zu hoffen, dass andere es von selbst verstehen. Übe dich in „Ich-Botschaften.“ Zum Beispiel „Ich fühle mich nicht gehört, wenn du mich unterbrichst. Ich würde gerne ausreden!“ Übe das Kommunizieren vor einem Spiegel, um selbstsicherer zu werden.
Mach dich sichtbar
Der wichtigste Schritt, um sichtbar zu werden, ist, an deinem Selbstwertgefühl zu arbeiten. Wenn du dich selbst als wertvoll ansiehst, wird diese innere Stärke nach außen strahlen und andere Menschen werden dich eher wahrnehmen. Auch wenn es sich oft so anfühlt, als ob niemand dich sieht, liegt die wichtigste Arbeit darin, dich selbst zu sehen und wertzuschätzen. Wenn du deinen eigenen Wert erkennst und stolz darauf bist, wer du bist, werden auch andere dich eher wahrnehmen. Das Gefühl der Unsichtbarkeit kann belastend sein, aber es ist nicht dauerhaft. Indem du an deinem Selbstwert arbeitest, mutig kleine Schritte wagst und dich bewusst in den Fokus rückst, kannst du lernen, dich sichtbar zu machen. Du hast die Macht, deinen Platz in der Welt einzunehmen, und du verdienst es, gesehen und gehört zu werden.
Denke daran: Es beginnt immer mit dir selbst. Du bist wertvoll und wichtig – und es ist an der Zeit, dass die Welt das sieht!
Von Herz zu Herz, deine Martina
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